
Jüngste Forschungen zu kollektiven Emotionen
Die moderne Wissenschaft beschäftigt sich nicht nur mit den Formaten und Kanälen, über die Emotionen in digitalen Gemeinschaften verbreitet werden, sondern analysiert auch Stimmungen. Der Großteil der Forschung konzentriert sich nicht nur auf die Emotionen selbst, sondern auch auf ihre Dynamik und die strukturellen Besonderheiten der Netzwerke, in denen sie entstehen und verbreitet werden.
Im Folgenden finden Sie einen Überblick über drei aktuelle Studien zu diesem Thema. Sie alle tragen dazu bei, zu verstehen, wie kollektive emotionale Prozesse im Online-Raum entstehen.
Collective Emotion: A Framework for Experimental Research (2023)
Neueste Studien und Experimente bestätigen die Existenz digitaler Emotionen. Emotionen im Internet verwandeln sich in kollektive Reaktionen, wenn sie bei der Community Anklang finden.
Wissenschaftler haben folgenden Ansatz zur Untersuchung dieses Phänomens vorgeschlagen: Zunächst wird ein emotionaler „Trigger“ identifiziert und festgehalten, dann werden individuelle Reaktionen beobachtet und anschließend deren Umwandlung in eine allgemeine Stimmung der Gruppe. Die Ergebnisse der Studien ermöglichen es, das Verhalten von Nutzern zu modellieren, emotionale Ausbrüche vorherzusagen und diese sogar für die Analyse der Kommunikation in sozialen Netzwerken zu nutzen.
Quantification of the Self-Excited Emotion Dynamics in Online Interactions (2024)
Eine der neuesten Studien im Bereich der Cyberpsychologie und kollektiven Emotionen. Im Wesentlichen geht es darum, dass Emotionen nicht einfach von einem Nutzer zum anderen übertragen werden, sondern durch einen sich selbst verstärkenden Mechanismus verstärkt werden.
Wenn beispielsweise emotionale Inhalte eine aktive Reaktion bei den Nutzern hervorrufen, werden sie immer sichtbarer. Infolgedessen ziehen sie neue Teilnehmer an. Die Forscher haben gelernt, dieses Phänomen als mathematisches Modell zu berechnen. Auf der Grundlage ihrer Analyse haben sie die folgenden Emotionen identifiziert, die die schnellste Ausbreitungsdynamik aufweisen:
- Wut,
- Angst,
- Panik.
Diese Studie hat dazu beigetragen, zu verstehen, wie virale Negativität im Netz auch ohne externe Steuerung entsteht und sich entwickelt.
The Pulse of Mood Online: Unveiling Emotional Reactions in a Dynamic Social Media Landscape (2024)
Diese wissenschaftliche Arbeit zeigt, dass Massenstimmungen im Internet gemessen und analysiert werden können. Dank neuer Ansätze zur Textverarbeitung und Analyse des Nutzerverhaltens lassen sich nun emotionale „Spitzenwerte“ in sozialen Netzwerken erkennen. Diese „Spitzenwerte“ sind Reaktionen auf Nachrichten, Krisen oder globale Ereignisse. Die Forschungsergebnisse sind nicht nur für das Verständnis des Verhaltens wichtig, sondern auch für Prognosen. Wissenschaftler können erkennen, welche Nachrichten und Ereignisse beim Publikum Sympathie hervorrufen, welche Aggressionen auslösen und welche zu einer kollektiven Mobilisierung führen.
Nutzung kollektiver Emotionen in Technologien
Diese aktive wissenschaftliche Tätigkeit rund um Emotionen im Internet hat dazu geführt, dass digitale Plattformen Daten immer häufiger zur Optimierung ihrer Dienste, Algorithmen und Arbeitsprozesse nutzen. Emotionale Verhaltensmuster von Nutzern sind zu einem festen Bestandteil der Entscheidungsfindung in einer Reihe von Bereichen geworden:
- Automatische Moderation von Kommentaren.
- Adaptive Newsfeeds für verschiedene soziale Netzwerke.
- Emotional reaktionsfähige Chatbots auf Websites.
- Erstellung virtueller Agenten.
Heute sind Algorithmen in sozialen Netzwerken in der Lage, den emotionalen Kontext von Beiträgen zu erkennen und zu lesen, um die Interaktion der Zielgruppe zu steigern. So ermöglichen beispielsweise Elemente der emotionalen künstlichen Intelligenz die Vorhersage öffentlicher Reaktionen auf bestimmte Arten von Inhalten sowie die Anpassung persönlicher Empfehlungen für jeden Nutzer.
Derzeit gewinnt die Entwicklung „emotional sensibler“ Dienste zunehmend an Popularität. Zu dieser Kategorie gehören verschiedene Produkte: von digitalen Assistenten bis hin zu Internet-Lernplattformen, auf denen die Inhalte an die aktuelle Stimmung des Nutzers angepasst werden.